Schwerhörigkeit und Hörgeräteversorgung heute

Die häufigste Form der Schwerhörigkeit ist die Innenohrschwerhörigkeit - heutzutage seltener durch Lärmarbeitsplätze, meist als Altersschwerhörigkeit, oft durch einen vorzeitigen ursächlich unklaren Abbau der Hörfähigkeit, gelegentlich durch Infektionserkrankungen oder medikamentös bedingt. Leider nehmen seit einigen Jahren durch Freizeitlärm bedingte Hörstörungen drastisch zu.

 

Bei Vorliegen einer Innenohrschwerhörigkeit kann nur durch eine Hörgeräteversorgung Hilfe geleistet werden. "Hörpillen" zur Verbesserung der Hörfähigkeit werden zwar angeboten und verkauft - die angepriesene Wirkung ist jedoch medizinisch in keiner Weise beweisbar.

 

In der Übergangsphase vom gesunden Gehör zu einer hörgerätepflichtigen Schwerhörigkeit ist der Patient häufig nicht besonders glücklich: Einerseits kann er nur dann ausreichend gut Hören, wenn er sich maximal konzentriert - hierdurch erschöpft sich der Patient in der Regel aber rasch. Andererseits ist in dem Stadium einer beginnenden Schwerhörigkeit, die durch ein Hörgerät erreichte Verstärkung zwar gut, aber technisch bedingt können Verzerrungen entstehen, die vom Schwerhörigen subjektiv als ein nicht angenehmes Klangbild beschrieben werden.

 

Liegt eine bereits deutlich ausgeprägte, jahrelange Schwerhörigkeit vor, die nicht mit Hörgeräten versorgt wurde, so kann der Patient oft nicht mehr all die verlorengegangenen Hörinformationen in der Hörrinde des Gehirns wieder aufbauen.

 

Eine Hörgeräteversorgung soll dementsprechend aus medizinischen Gründen nicht zu früh und nicht zu spät erfolgen.

 

Dieser individuell optimale Zeitpunkt kann nur durch die Hördiagnostik und das Gespräch mit dem Patienten erarbeitet werden. Hierbei ist auch die, vom Patienten selbst und die von seiner Umgebung (Familie, Arbeitsplatz) vorgegebene Erwartungshaltung mit einzubeziehen.

 

Da wir nur mit 2 funktionsfähigen Ohren räumlich hören können, ist die beidohrige Hörgeräteversorgung aus medizinischer Erwägung grundsätzlich sinnvoll. Im Einzelfall können jedoch medizinische Gründe, wie ein chronisch eitriges Ohr, voroperierte Ohrerkrankungen oder ein deutlich seitenunterschiedliches Hörvermögen dem entgegenstehen.

Hörgeräte

Grundsätzlich gibt es verschieden Bauformen bei Hörgeräten.

 

Die häufigste Form ist das sogenannte HdO-Gerät = "Hinter dem Ohr-Gerät". Vorteil dieses Gerätetyps ist, dass in der Regel ausreichend Platz für moderne Technik und die nötigen Batterien gegeben ist. Trotzdem sind diese Geräte heute deutlich kleiner und weniger auffällig als noch vor 10 Jahren.

 

IO-Geräte = "Im Ohr-Geräte" sind kosmetisch deutlich weniger auffällig und werden im Gehörgang getragen, haben jedoch naturgemäß viel weniger Platz für Technik oder längerlebige Batterien. Letztere müssen übrigens vom Patienten selbst bezahlt werden und kosten, in der Regel ebenso viel wie die längerlebigen größeren Batterien der HdO-Geräte.

 

Es gibt auch die Möglichkeit einer "Noiser-Versorgung" ("Verdeckungsgeräusche produzierendes Hörgerät") für Tinnitus-patienten. Das sogenannten künstliche Innenohr (Cochlear Implant) oder andere innovative Entwicklungen werden hier bewusst nicht referiert, um keine Informationsüberflutung zu bewirken.

 

Wie kommen Sie zu einem Hörgerät?

Der Weg zur Klärung, ob ein Hörgerät nötig oder sinnvoll ist, kann einerseits mit einem orientierenden Hörtest beim Hörgeräteakustiker oder beim Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (= HNO-Arzt) beginnen. Der formale Weg zur Hörgeräteverordnung ist aber mit den Krankenkassen verbindlich festgelegt.

 

Zunächst wird durch ärztliche Diagnostik festgestellt, welche Krankheitsumstände vorliegen und ob angesichts dieser eine Hörgeräteversorgung sinnvoll ist. Nun stellt der HNO-Arzt ein Formular aus: Den Auftrag zur sogenannten versuchsweisen Hörgeräteanpassung für den Hörgeräteakustiker. Nach Vorlage dieses Auftrages beginnt der Akustiker die Hörgeräteanpassung. Er trifft aufgrund des Hörtestergebnisses eine Vorauswahl von etwa 3 Hörgeräten, die vom Patienten ausprobiert werden. Das heißt, der Patient bekommt von den meisten Hörgeräteakustikern die Möglichkeit diese Geräte auch zuhause in den Lebenssituationen zu testen, in den er das Gerät später auch nutzen will.

 

Es gibt verschiedene technische Ausstattungsmöglichkeiten der Hörgeräte. Die Leistungspanne beginnt beim Standardgerät welches meist komplett von der Krankenkasse bezahlt werden kann. Technisch aufwendige Geräte mit Zusatzfunktionen wie frequenzbezogene Programmierbarkeit, soweit vom Patienten gewünscht, bedürfen einer Zuzahlung. Die subjektive Zufriedenheit des Patienten mit dem angepassten Hörgerät muss nicht unbedingt mit dem Preis des Gerätes in Verbindung stehen. Ein teures Hörgerät ist also nicht zwangsweise auch ein gutes Hörgerät. Nur die individuelle Anpassung und das kritische Beurteilen gemeinsam durch Patient, HNO-Arzt und Hörgeräteakustiker und in gegenseitiger Absprache, führen zum Erfolg. Gerade bei älteren Patienten ist es sinnvoll, dass zur Hörgeräteanpassung regelmäßig eine jüngere Begleitperson der Familie anwesend ist, um im Gespräch alle nötigen Aspekte einer Versorgung zu erwägen.

 

Die Versorgung mit Hörgeräten durch den in Deutschland festgelegten Versorgungsweg hat international den höchsten Standard. Dies letztlich deshalb, da hier die Hörgeräteakustik als Ausbildungsberuf und weitere Jahre an einer Meisterschule dem technisch weiter zunehmend anspruchsvollen Niveau gerecht wird.

 

Das Ziel des Bemühens kann nur der gut versorgte und dauerhaft zufriedene Patient sein. Dies mag im Einzelfall auch einmal durch das Vermeiden einer Hörgeräteversorgung der Fall sein, nämlich dann, wenn der ältere Patient damit mehr Belastung als Wohlgefühl empfindet. Andererseits ist die ausbleibende Versorgung schwerhöriger Kinder oder Erwachsener katastrophal.